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            |  | Hier können Sie Probelesen in 
              einem Buch des Autors Sune Lundquist alias Vic Suneson.
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            |  | "Der falsche 
              Adressat" Volk & Welt Verlag
 1975 (1971)
 192 Seiten
 Taschenbuch
 
 | Turbulente Verhandlungen in einem Stockholmer 
                Gerichtssaal, mühevolle Recherchen über ein scheinbar 
                längst aufgeklärtes Verbrechen und fieberhafte Ermittlungen 
                gegen einen noch unbekannten Verdächtigen - das ist die rasch 
                wechselnde Szenerie in diesem Kriminalroman des schwedischen Autors, 
                von dem Volk und Welt bereits die Titel "Fall Nr. 44" 
                (1966) und "Wer von den sieben?" (1971) veröffentlicht 
                hat. Mit annähernd 30 Werken zählt Vic Suneson alias 
                Sune Lundquist - so sein bürgerlicher Name - zu den produktivsten, 
                auch im Ausland überaus erfolgreichen Kriminalschriftstellern 
                Skandinaviens. Vor Gericht steht Ingela Malm, angeklagt des Mordes 
                an ihrem Verlobten. Und die Indizien sind erdrückend: Sie 
                allein hielt sich zur fraglichen Zeit am Tatort auf, aus ihrer 
                Waffe wurden die Schüsse abgegeben, und an ihren Handschuhen 
                wurden Pulverspuren festgestellt. Die Dienstpflicht zwingt Kommissar 
                0. P. Nilsson und seine Mitarbeiter, durch ihre Aussagen vor Gericht 
                die Töchter ihres verstorbenen Kollegen zu belasten. Berufserfahrung 
                und Menschenkenntnis lassen sie jedoch an Ingela Malms Schuld 
                zweifeln. Insgeheim überprüfen sie Alibis, kontrollieren 
                Vernehmungsprotokolle und stoßen auf neue Zusammenhänge. 
                Als die Leiche eines zunächst spurlos verschwundenen Zeugen 
                entdeckt wird, erhärten sich Kommissar Nilssons Verdachtsmomente 
                zur Theorie - und daß ein bewährter Autor wie Vic Suneson 
                eine überraschende Lösung bietet, versteht sich eigentlich 
                von selbst.
 
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      Angeklagt Leseprobe
Hier also soll ich als Mörderin verurteilt werden!Ingela Malm lehnte sich auf dem harten Stuhl zurück und schob ihre 
          schlanken Beine unter den Tisch, dessen helles Holz von unzähligen 
          Fingern und Dokumenten fleckig geworden war.
 Für einen Mord, den ich nicht begangen habe, rotierten ihre Gedanken 
          weiter. Und vor allem diese gestrenge Matrone dort vorn hat darüber 
          zu befinden. Nun ja, Matrone ist vielleicht ungerecht, die Vorsitzende 
          ist wohl erst Mitte Vierzig und sicher auch nicht so hartherzig, wie 
          sie mir vorkommt.
 Das war Ingrid Rilén gewiß nicht. Sie spielte unter den 
          weiblichen Angehörigen der Richterschaft am Stockholms Rådhusrätt 
          eine bedeutende Rolle. Man fürchtete, respektierte und bewunderte 
          sie wegen ihrer Art, selbst komplizierte Prozesse zu meistern. Sie hatte 
          starkes, dunkles Haar, das sorgfältig gepflegt war, graue, kühle 
          Augen, die hinter den Gläsern der Hornbrille nur selten blinzelten, 
          und ruhige, beinahe würdevolle Gesichtszüge. Müdigkeit 
          schien sie nicht zu kennen, und irgendwelche besonderen Eigenheiten 
          - wie Richter sie häufig haben - waren bei ihr nicht zu registrieren.
 Ingela hatte noch nicht herausgefunden, wer die Beisitzer vorn am Richtertisch 
          waren. Dort saßen viele Leute. Sie sahen wie Durchschnittsbürger 
          aus. Eine Frau, rundlich und mütterlich, mehrere ältere Männer 
          und ein ziemlich junger Mann mit dunklem Haar und noch dunkleren Augen. 
          Im Gegensatz zu den anderen Schöffen wirkte er hellwach.
 Hinter Ingela saßen ein weiblicher und ein männlicher Polizist, 
          die sie im Fahrstuhl vom "Seufzergang" heraufgebracht und 
          ihr freundlich Gesellschaft geleistet hatten, als sie auf ihren Aufruf 
          wartete; nun glichen sie Schatten an der Wand.
 Ingelas Freunde von der Kripo waren nicht im Saal, man würde sie 
          erst hereinlassen, wenn sie ihre Zeugenaussage zu machen hatten. Eine 
          harte Belastungsprobe für Ingela, denn diese Freunde waren dem 
          Gesetz gegenüber verpflichtet, Ingelas Schuld nachzuweisen, und 
          das würden sie tun - wenn auch widerwillig.
 So etwas war unter Freunden ja nicht üblich, aber das Amt ...
 Neben Ingela saß ihr einziger fester Halt in dieser schwierigen 
        Situation, Östen Callman, ihr Chef und nunmehr auch ihr Verteidiger. 
        Sein buschiges Haar war schwer zu bändigen, ab und an fiel ihm eine 
        aschblonde Strähne in die Stirn, die er dann mit seiner schmalen 
        Hand ungeduldig zurückstrich. Die braunen Augen in dem markanten 
        Gesicht mit dem energischen Kinn wirkten beruhigend. Callman schien immer 
        genau zu wissen, was er zu sagen hatte und was er besser verschwieg.Es war ein großer Trost für Ingela gewesen, daß sie 
          trotz des unerwarteten Todes ihres Vaters - David Malm war erster Kriminalassistent 
          gewesen und hatte oft unter 0. P. Nilsson gearbeitet, der nun die Ermittlungen 
          in ihrem Fall leitete - dank glücklicher Umstände ihr Studium 
          hatte zu Ende führen können und dann bei dem bekannten Anwalt 
          als Gehilfin Arbeit fand. Das wiederum lag vielleicht auch daran, daß 
          Osten Callman mit Blanche Grönberg verheiratet war, einer Schulfreundin 
          Ingelas, doch sie hatte alle ihr übertragenen Aufgaben stets gewissenhaft 
          ausgeführt und glaubte, ihr nicht gerade bescheidenes Gehalt redlich 
          verdient zu haben.
 Auf der anderen Seite saß ihr Gegner. Staatsanwalt Härje 
          Steen, der bei den Verteidigern gefürchtet war. Ein Mann etwa Mitte 
          Vierzig, groß und blond, der recht harmlos wirkte; seine kalten, 
          graublauen Augen hatten jedoch schon manchen verstockten Gesetzesbrecher 
          dazu gebracht, klein beizugeben.
 Steen hatte eine beachtliche Karriere hinter sich und sein Ziel, Vertreter 
          der Anklage zu werden, schnell erreicht. Man sagte ihm nach, er könne 
          sich im Handumdrehen in die verwickeltsten Fälle einlesen. Ein 
          hart zupackender, im Privatleben aber liebenswürdiger Mann. Er 
          trug einen unauffälligen braunkarierten Anzug.
 Das also war der Mann, der alles daransetzen würde, Ingela zu überführen.
 Aus den Verhören und aus ihren Gesprächen mit Staatsanwalt 
          und Verteidiger war ihr bekannt, daß Steen von ihrer Schuld überzeugt 
          war.
 Sie selbst wußte, daß sie den Mord nicht begangen hatte. 
          Aber zu welcher Meinung würde das Gericht gelangen?
 Die Vorsitzende nahm die Brille ab und putzte sie sorgfältig. Dann 
          blätterte sie in ihren Akten. Schließlich griff sie zum Bleistift, 
          benutzte ihn als Hammer und klopfte damit deutlich hörbar auf den 
          Richtertisch.
 "Ich erkläre die Verhandlung gegen Ingela Malm für eröffnet", 
          sagte sie. "Die Angeklagte wird beschuldigt, am Mittwoch, dem 16. 
          Dezember 1970, den Innenarchitekten Staffan Dorell in dessen Wohnung, 
          Atterbomsvägen 32, durch einen Pistolenschuß getötet 
          zu haben. Bekennen Sie sich schuldig, Angeklagte?"
 Ingela stand auf. Die Beine zitterten ihr ein wenig, und sie griff nach 
          der Tischkante. Und sie spürte Östen Callmans Hand, die sich 
          beruhigend auf ihre Rechte legte.
 "Nein." Es gelang ihr, mit ruhiger Stimme zu antworten. "Sie 
          brauchen sich nicht zu erheben, wenn Sie eine Frage zu beantworten haben", 
          sagte die Vorsitzende freundlich. "Kommen wir nun zu Ihren näheren 
          Lebensverhältnissen. Geboren am .. ."
 " 
 am vierten April 1944 in Stockholm", vollendete Ingela 
          hastig. "Mein Vater. . ."
 "Ja, danke", sagte die Vorsitzende, "wir haben ja die 
          Details. Achten Sie nur darauf, ob alles stimmt."
 Sie verlas eine Reihe von Daten über Ingelas Schulzeit, ihr Jurastudium, 
          ihr Examen und ihre Tätigkeit bei Östen Callman. Abschließend 
          gab sie bekannt, daß die Angeklagte nicht vorbestraft sei.
 "Sind Ihre Zeugen anwesend, Herr Staatsanwalt?" fragte sie 
          dann.
 "Meine Zeugen warten draußen."
 
                  
 
                    | Buchtipp |  
                    |  |   "Gut. Somit treten wir in die Hauptverhandlung ein. Darf ich Sie 
          bitten, Herr Staatsanwalt, die Anklage zu präzisieren?"Danke an den Verlag Volk und Welt Berlin für die Veröffentlichungserlaubnis.Steen blieb hinter seinem kleinen Tisch sitzen. Er fuhr sich mit der 
          Hand durch das blonde Haar und schaute kurz zu Ingela hinüber. 
          Sein Blick verhieß nichts Gutes. "Am Mittwoch, dem 16. Dezember 
          1970, suchte die Angeklagte Ingela Malm den Innenarchitekten Staffan 
          Dorell in dessen Wohnung auf", begann der Staatsanwalt. "Die 
          Angeklagte war von früher her mit ihm bekannt. Ihrer eigenen Aussage 
          nach hatte Dorell sie angerufen und zu sich gebeten. Einen Zeugen dafür 
          gibt es nicht. Etwa um zwanzig Uhr desselben Tages alarmierte die Angeklagte 
          die Polizei und erklärte, soeben die Wohnung betreten und Herrn 
          Dorell im Wohnzimmer erschossen neben dem Sofa liegend vorgefunden zu 
          haben. Die Tür zum Treppenhaus sei offen gewesen. Irgendwelche 
          Geräusche habe sie nicht gehört. Ich werde jedoch beweisen, 
          daß die Angeklagte schon bedeutend früher in der Wohnung 
          war, daß Herr Dorell und sie gemeinsame Geschäfte getätigt 
          haben und daß die Mordwaffe, eine Walther 7,65, dem verstorbenen 
          Vater der Angeklagten gehört hat. Allerdings war sie nicht registriert. 
          Auf Grund von Indizien sehe ich es als erwiesen an, daß Ingela 
          Malm den tödlichen Schuß abgefeuert hat. Deshalb erhebe ich 
          Anklage wegen Mordes, erschwert durch den Umstand, daß dieses 
          Verbrechen kaltblütig und mit Vorbedacht ausgeführt wurde."
 Er schwieg und blickte die Vorsitzende abwartend an, die ihrerseits 
          wiederum Ingela anschaute.
 "Ich wiederhole meine Frage von vorhin", sagte sie ein wenig 
          umständlich. "Bekennen Sie sich schuldig?"
 "Nein !" erwiderte Ingela kurz und abgehackt.
 "Nichtschuldig also. Bitte, Herr Staatsanwalt, fahren Sie fort."
 "Frau Vorsitzende", sagte Steen, nach wie vor an seinem Stuhl 
          klebend, "ich gestatte mir, das Gericht vorerst auf die Tatsache 
          hinzuweisen, daß Staffan Dorell am Tage seiner Ermordung aus der 
          Strafanstalt Ungholmen entlassen worden war, wo er wegen Totschlags 
          vier von sechs Jahren Haft verbüßt hatte."
 Er reihte eine Anzahl von Fakten über Zeitpunkt und Umstände 
          des Prozesses gegen Dorell aneinander, aus denen hervorging, daß 
          der Ermordete verurteilt worden war, weil er seine Verlobte Marina Grönberg, 
          achtzehn Jahre alt, mit Vorbedacht auf dem Grundstück ihrer Eltern, 
          des Malermeisters Vitus Grönberg und Frau, in Södra Ängby 
          in den Swimmingpool gestoßen und dadurch ihren Tod verursacht 
          hatte.
 "Es wird wahrscheinlich nötig sein, im Verlaufe auch dieses 
          Prozesses gelegentlich auf die Umstände einzugehen, unter denen 
          Marina Grönberg ums Leben kam", sagte er abschließend.
 Guter Gott, dachte Ingela, haben die etwa vor, diese alte Geschichte 
          wieder ans Tageslicht zu zerren? Ist sie denn nicht damit erledigt, 
          daß Staffan seine Strafe verbüßt hat? Weshalb muß 
          das Vergangene wieder ausgegraben werden?
 Sie blickte Östen Callman, ihren Verteidiger, ratlos an, doch der 
          achtete nicht darauf. Er war eifrig damit beschäftigt, sich Notizen 
          zu machen.
 Aber so sehr Vergangenheit ist das ja noch gar nicht, dachte Ingela 
          dann. Ich erinnere mich an den Abend, als wäre es gestern gewesen ...
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