Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
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Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
 
Rebecka Edgren Aldén - Die achte Todsünde
Hier können Sie Probelesen in einem Buch der Autorin Helena Brink.
Die Ruhe vor dem Sturm
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Gebundene Ausgabe
687 Seiten
Diana Verlag
Erscheinungsdatum:
März 2006
Übersetzung:
Knut Krüger
Originaltitel:
"Ur dunkla djup"


Kurzbeschreibung

Nach fast einem halben Jahrhundert will Max Rösling auf das elterliche Gut zurückkehren und sein Erbe antreten. Sehr zum Entsetzen seiner Familie, denn niemand erinnert sich gern an das, was damals auf dem Hof passierte ...
Ein neuer Fall für Rolf Stenberg und Lennart Roos. Kajsa Linder glaubt an eine Fügung des Schicksals, als ihr der verlassene Hof Röshult zum Kauf angeboten wird. Sie träumt schon lange davon, mit ihrer Familie aufs Land zu ziehen. Doch sie wird nicht zur Ruhe kommen. Es beginnt mit dem Fund eines Tagebuches. Ein junges Mädchen muss sich Jahre zuvor auf dem Hof versteckt haben. Seither fehlt jede Spur von ihr. Kurz darauf ziehen Bauarbeiter eine jahrhundertealte Leiche aus dem moorigen Ackerland. Als Kommissar Stenberg den Fall übernimmt, verfolgt Kajsa die Ermittlungen noch mit Interesse. Doch dann steht Max Rösling, der Erbe des Hofes, plötzlich vor der Tür. Der Mann, der seit Jahren verdächtigt wird, seinen Vater getötet zu haben ...

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Leseprobe

FREITAG, 11. APRIL
Die Dämmerung war bereits weit fortgeschritten, als er den Hof erblickte. Oder zumindest einen Teil davon. Die Ställe ließen sich hinter der schwarzen Silhouette der nackten Zweige nur erahnen, doch das reichte aus, um seinen Herzschlag zu beschleunigen.
Das Taxi bremste behutsam, bevor es auf den schmalen Kiesweg abbog, der sich schnurgerade zwischen Weiden und frisch gepflügten Feldern dahinzog.
Er beugte sich hastig vor und klopfte an die Scheibe.
»Stopp … halten Sie an!«
Es war als Aufforderung gemeint, klang jedoch mehr wie ein Hilferuf. Der Fahrer sah ihn im Rückspiegel fragend an. »Hier?«
Er bekam seine Stimme wieder unter Kontrolle. »Ja, ich gehe das letzte Stück.«
»Aber Ihre Tasche … sie wird Ihnen auf dem Weg sehr schwer werden.«
»Ich gehe das letzte Stück«, beharrte er. Der Fahrer hielt an und schaltete das Innenlicht ein. Sein Fahrgast nestelte an seiner Brieftasche, doch seine Hände zitterten heftig, und mit den Scheinen kannte er sich auch nicht aus.
»Nehmen Sie sich den Betrag«, sagte er und gab dem Fahrer sein Portemonnaie. Der Fahrer nahm drei Hunderterscheine heraus und legte das Wechselgeld hinein. Dann stieg er aus und holte die Tasche aus dem Kofferraum.
Bevor er den Motor wieder anließ, fragte er mit besorgtem Unterton:
»Soll ich Sie wirklich hier absetzen?«
»Ich komme schon zurecht.« Der Fahrer warf nochmals einen Blick auf die schwere Tasche, als wolle er sagen: Gib mir nicht die Schuld, wenn du einen Herzschlag bekommst, Alter.
Dann fuhr er davon.
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Rezensionen
Sobald das Auto außer Hörweite war, brach die Stille über ihn herein, drückte gegen sein Trommelfell, während die Konturen der Landschaft deutlicher hervortraten. Dunkle, gezackte Fichten, nackte, wellige Felder mit feucht glänzenden Ackerfurchen, steinige Koppeln und Gehölze mit immer noch unbelaubten Bäumen. Dünne Nebelschwaden trieben über den ausgebesserten Asphalt. Eine lautlose Einsamkeit, von vereinzelten kalten Sternen bewacht.
Die Kälte kroch ihm die Beine hinauf. Er nahm die Reisetasche, klemmte sich die Aktenmappe unter den Arm und begann den Kiesweg entlangzugehen.
Auf halber Strecke musste er stehen bleiben, um Atem zu schöpfen. Er hörte ein dumpfes Schnaufen, das nicht von ihm kam, fuhr herum und starrte in die Dunkelheit. Schwerfällige Schatten bewegten sich gemächlich im Dunst hinter der Steinmauer, und er hörte die beruhigenden Laute großer Wiederkäuer. Ein süßlich stechender Geruch stieg ihm in die Nase und versetzte ihn um mindestens fünfzig Jahre zurück. Kühe. Die hatte er schon lange nicht mehr gesehen.
Die verbleibende Wegstrecke zwischen den Bäumen lag nun fast in völligem Dunkel, und die Kälte trieb ihn zur Eile an. An der Giebelseite der Ställe betrat er den Hofplatz.
Das Wohnhaus wurde von den frei stehenden Wirtschaftsgebäuden flankiert. Alles war genauso großzügig angelegt, wie er es in Erinnerung hatte. Den Ställen gegenüber lagen die Scheune sowie der Fuhrpark. Auf der Suche nach bekannten Details versuchten seine Augen die Dunkelheit zu durchdringen. Die große Rosskastanie, die mitten auf dem Hofplatz gestanden hatte, war verschwunden. Ohne sie sah er merkwürdig kalt aus. Vor der Scheune stand ein Traktor, vermutlich neueren Datums, jedenfalls war er sauber. Das Haus hatte immer noch seine alte rote Farbe, die in der Dunkelheit schwarz wirkte. Durch zwei Fenster des Wohnhauses fiel ein grelles gelbes Licht auf den Kies, ansonsten schien der ganze Hof wie in Schlaf versunken.
Er wusste, dass hinter den erleuchteten Fenstern die Küche lag. Er gab Acht, mit den Füßen keinen Kies aufzuwirbeln. Außer einer Reihe von Küchenschränken war nichts zu erkennen. Doch jetzt drangen leise Stimmen und Musik zu ihm nach draußen, vermutlich von einem Fernseher.
Am Rande der beleuchteten Fläche blieb er unschlüssig stehen. Noch wussten weder er noch die da drinnen, wie der weitere Abend verlaufen würde. In dieser Ungewissheit lag eine Freiheit, die er auskosten wollte. Als er schließlich die entscheidenden Schritte machte und an die Tür klopfte, waren seine Hände vor Nervosität schweißnass. Sein Herz pochte heftig. Nichts passierte. Er klopfte lauter und hörte drinnen jemanden rufen. Eine Frauenstimme. Dann schwere Schritte, ehe die Tür sich öffnete. Ein groß gewachsener, kräftiger Mann füllte die Türöffnung. Sein Gesicht lag im Schatten. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
»Leif?«, fragte er unsicher.
In diesem Moment wurde die Lampe über der Treppe angeschaltet. Er starrte gebannt in das Gesicht und sah seine Vermutung bestätigt: Sein Gegenüber war das Abbild des Vaters. Eine Woge sentimentaler Empfindungen verdrängte für einen Augenblick die Angst.
»Erkennst du mich nicht?« Seine Stimme klang sonderbar dünn und wacklig. Keine Antwort. Der andere schaute ihn unbeteiligt und abwartend an.
»Ich bin’s, Max«, sagte er und zeigte auf die Tasche, als könnte die seine Behauptung bekräftigen. Der andere ließ seinen Blick zur Tasche und wieder zurück wandern. Forschend, zweifelnd.
Dann ein Ausdruck des Erstaunens, gemischt mit unverhohlenem Unbehagen. Die Frauenstimme übertönte abermals die gleichmäßige Geräuschkulisse des Fernsehers irgendwo im Haus. »Wer ist denn da?«
Es war eine kräftige Stimme, wenn auch ein wenig heiser und ungeduldig.
Sie hatte sich seit fünfundvierzig Jahren nicht verändert.
Der Mann im Türrahmen trat einen Schritt zur Seite und brummte mürrisch: »Ist wohl besser, wenn du reinkommst.«
Das erste Hindernis war überwunden. Mit einem kaum unterdrückten Stoßseufzer der Erleichterung stellte er die Reisetasche unter die Garderobe, hängte seinen Mantel auf und glättete seine Haare. Die Aktenmappe hatte er immer noch unter den Arm geklemmt. Er betrat die hell erleuchtete Küche, und der schwache Essensgeruch, der in der Luft hing, machte ihn sofort hungrig. Er hatte seit Kopenhagen nichts zu sich genommen und hätte schwören können, dass es hier Fleischklößchen zum Abendessen gegeben hatte.
In der Tür zu dem in Dämmerlicht liegenden Raum, der an die Küche grenzte, stand eine weißhaarige Frau, klein und dürr, aber mit geradem Rücken. Sie fixierte ihn mit verschränkten Armen. Er ging rasch auf sie zu, streckte eine Hand aus und schlug einen vertraulichen Ton an.
»Gertrud! Erkennst du mich denn nicht? Ich bin’s, Max! Wie lange ist das her?«
Sie blinzelte ihn neugierig an und ignorierte seine ausgestreckte Hand. Ihre gealterten Gesichtszüge zeugten von Selbstdisziplin. Oder war es Gleichgültigkeit?
»Ich dachte, du wärst schon lange tot«, sagte sie wenig liebenswürdig.
»Why … warum sollte ich …?« Er lachte nervös auf. »Ich bin nach Hause gekommen, um zu bleiben«, fügte er beinahe flehentlich hinzu.
»Hoffentlich nicht bei uns.« Es kam wie ein Peitschenhieb.
»Nein, äh, in Schweden, meine ich.«
»Aha…«

Buchtipp
Camilla Läckberg - Die Eishexe: Kriminalroman (Ein Falck-Hedström-Krimi 10)
»Es wurde mir da drüben zu einsam. Ich hatte das Gefühl, dass ich zurückmusste«, sagte er ausweichend. Ihr unbarmherziger Blick war an seiner Kleidung hängen geblieben, die sie schweigend musterte.
»Ich dachte, es wäre schön, dich … und den Hof wieder zu sehen, nach… all these years. Du siehst gut aus.«
»Ich kann nicht klagen.«
»Du wirkst wirklich keinen Tag älter als fünfzig«, legte er sich ins Zeug.
»Du schon«, entgegnete sie spitz.
»Ja, ja, die Zeit… time takes its toll«, sagte er gutmütig.
»Bist du verheiratet?«, fragte sie unvermittelt.
»Ich bin… widower, meine Frau ist gestorben.«
»Hm, du willst sicher eine Tasse Kaffee«, sagte sie ohne jede Herzlichkeit und ging zum Herd.
»Ja, das wäre schön«, sagte er mit neuer Hoffnung. »Ich habe seit dem Flughafen in Kopenhagen nichts in den Magen bekommen.« Er hoffte, diese Auskunft würde ein wenig Essbares auf den Tisch zaubern, doch sie schien seinen Wink nicht verstehen zu wollen. Während sie mit der Kaffeemaschine beschäftigt war, schaltete sich der Mann, der die Tür geöffnet hatte, in das Gespräch ein.
»Du bist also mit dem Flugzeug direkt aus Amerika gekommen?«, erkundigte er sich.
Max drehte den Kopf und dachte, er sollte seine Bemühungen darauf konzentrieren, den Sohn des Hauses für sich zu gewinnen.
»Ja, stell dir vor«, sagte er lächelnd. »Gestern war ich noch in New York, und heute bin ich auf Röshult. ’52 war das Reisen noch eine ganz andere Sache. Da hing ich zwei Wochen lang über dem Klo oder der Reling, um mich zu übergeben. Dass ich dich sofort wiedererkannt habe! Du bist Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Das habe ich schon damals gesehen, bevor ich … obwohl du ja erst zwölf warst.«
Das Gesicht des Bruders verfinsterte sich, und Max bereute, den Vater überhaupt ins Spiel gebracht zu haben. »Was macht denn Birger eigentlich?«, fragte er ausweichend. »Geht’s ihm gut? Wohnt er hier in der Nähe?«
Gertrud stand am Küchentisch und klapperte mit den Kaffeetassen. Ohne aufzublicken sagte sie: »Der wohnt in Malmö. Wir sehen ihn nur selten.«
Sie verzog den Mund, der bittere Unterton war ihm nicht entgangen. Offenbar war auch dies ein heikles Thema. Doch er war noch nicht bereit, vom eingeschlagenen Weg abzuweichen, und obwohl sein Lächeln bereits krampfhafte Züge trug, fragte er forsch: »Mit dem Hof alles in Ordnung?«
Sie warf eine Packung Kekse auf den Tisch. »Wir kommen über die Runden.«
»Ihr habt mit der Aussaat begonnen?«
Keine Antwort.
Plötzlich fühlte er sich mutlos. Er war nicht willkommen und fühlte sich ihrer Feindseligkeit hilflos ausgeliefert. Unaufgefordert ließ er sich auf einen der Küchenstühle sinken und schaute sich suchend nach einem Vorwand um, die sinnlose Plauderei fortzusetzen. Er stellte fest, dass alles vorhanden war, was zu einer modernen Einrichtung gehörte. Weder die Küche noch der Traktor vor der Tür deuteten auf finanzielle Schwierigkeiten hin.
»Hier hat sich in der Zwischenzeit ja einiges getan«, sagte er vorsichtig.
»Alles sieht so gepflegt aus.«
Als auch auf diese Bemerkung niemand einging, fragte er Leif: »Bewirtschaftest du den Hof ganz allein oder hast du Unterstützung?«
Leif nahm ebenfalls auf einem der Stühle Platz und legte seine kräftigen, behaarten Unterarme auf die Tischplatte. Ohne seinen Gast eines Blickes zu würdigen, wandte er sich der dunklen Fensterscheibe zu.
»Ich habe keine Hilfe und ich brauche auch keine. Ich habe die Produktion ziemlich runtergefahren, und mit dem Mastvieh komme ich schon allein zurecht. Für die Heuernte stelle ich ein paar Leute ein.«
»Really? Mastvieh?«, wiederholte Max interessiert. »Lohnt sich das denn?«
Der andere warf ihm einen misstrauischen Blick zu. »Wieso?«
Max gab auf. Aus denen war nichts herauszukriegen. Er wünschte sich weit, weit fort, doch nun musste er die Suppe auch auslöffeln, die er sich eingebrockt hatte. Da konnte er genauso gut gleich zur Sache kommen und es hinter sich bringen. Alles andere als unerschrocken betrat er vermintes Gelände.

Danke an den Diana Verlag/Verlagsgruppe Random House für die Veröffentlichungserlaubnis.
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